Freier Mitarbeiter gefährdet Praxisinhaber in der Physiotherapie?!

Der freie Mitarbeiter ist nach wie vor umsetzbar!

Auch der jüngste Beschluss ändert an der Möglichkeit der freien Mitarbeiterschaft nicht viel.

In einem Artikel von dem Fachanwalt für Medizinrecht Dr. Ernst Boxberg des VPT wurde am 26.08.2013 die ausgehende Gefahr von der freien Mitarbeiterschaft thematisiert. Die Folge war, dass viele freie Mitarbeiter ihre Selbstständigkeit plötzlich verloren oder eine freie Mitarbeiterschaft in den Startlöchern begraben mussten. Vielen wurde ihrem Vorhaben völlig der Wind aus den Segeln genommen. So mancher verlor seine zukünftigen Auftraggeber innerhalb der Kündigungsfrist und fand sich unvermittelt in der Arbeitslosigkeit wieder. 

Unter anderem wurde die Tätigkeit der freien Mitarbeiterschaft durchleuchtet und als „Arbeitnehmerähnliche Selbstständigkeit“ definiert. Das bedeutet schlichtweg nichts anderes, als das der freie Mitarbeiter selbstständig ist, aber keine eigene sozialversicherungspflichtige Angestellte hat. 

Dass es aber eine Seltenheit sein soll, dass es Selbstständige gibt, die keine sozialversicherungspflichtigen Angestellten haben, halte ich nicht für so selten. Jeder gründende Physiotherapeut kann sich derlei Beschäftigte nicht leisten und muss demnach erstmal als „Arbeitnehmerähnlicher Selbstständiger“ gelten. 

Eine Selbstständigkeit kann sich nicht durch einen Vertrag begründen!

In dem Artikel wird eindeutig benannt, dass eine Selbstständigkeit eines freien Mitarbeiters sich nicht über einen Vertrag begründen lässt. Dem stimme ich zu. Nur weil auf einem Papier steht, dass die benannte Person selbstständig ist, ist das nicht festlegend. 

Doch der Vertrag stellt eine wichtige Grundlage dar. Denn der Artikel geht nicht darauf ein, dass nur durch einen fundierten Dienstvertrag eine unternehmerische Partnerschaftlichkeit zwischen Praxisinhaber und freien Mitarbeiter reguliert werden kann. Letztendlich gibt es umfangreich zu regulierende Inhalte in der freien Mitarbeiterschaft, welche zwingend reguliert werden müssen. Unklarheiten in derlei Inhalten führen später zu erheblichen Unstimmigkeiten. Des weiteren wird es schwer werden einen Dienstvertrag, a la „Der oben genannte freie Mitarbeiter arbeitet selbstbestimmt und ist nicht weisungsgebunden.“, als unternehmerisch adäquate Partnerschaftlichkeit zu erklären. 

Wer sich hier nicht auskennt, kann den Fehler begehen, eine Scheinselbstständigkeit vertraglich zu fixieren. Letztendlich sind es in der Vergangenheit gerade solche Verträge gewesen, die zur Feststellung einer Scheinselbstständigkeit führten. Doch auch hier wird gerne verschwiegen, dass Urteile mit Feststellung einer Selbstständigkeit eines freien Mitarbeiters existieren. 

Argument 1 - Weisungsabhängigkeit (Wiederlegbar)

Der freie Mitarbeiter soll durch den Umstand, dass er die Patienten sorgfältig behandeln soll, weisungsgebunden sein! Es sollte doch selbst im Interesse des freien Mitarbeiters liegen, diese sorgfältig zu behandeln. Eine Notwendigkeit einer derartigen Weisung gibt es damit nicht. Zudem betrifft dies nur die freien Mitarbeiter, welche mit Patienten des Praxisinhabers beauftragt werden. Freie Mitarbeiter, welche die Aufträge nur als Durchlaufposten bei dem Praxisinhaber haben, können nicht betroffen sein. GKV-Verordnungen dürfen nämlich nur durch Zugelassene entgegengenommen werden. 

Argument 2 - Praxisintegration (Wiederlegbar)

Die Argumentation in dem Artikel basiert darauf, dass der freie Mitarbeiter nur freie Räume und Geräte der Praxis nutzen kann und daraus resultierend sich in die Praxisabläufe integrieren muss. Diese Argumentation verläuft im Sande, denn die partnerschaftliche Situation wird verkannt. Zudem gibt es genug Ansätze derlei Argumenten entgegenzutreten.

Argument 3 - Arbeitsmaterial und unternehmerisches Auftreten (Wiederlegbar)

Im Artikel wird das nutzen der Arbeitsmittel der Praxis benannt. Des weiteren wird einfach dargestellt, dass freie Mitarbeiter nicht unternehmerisch wirksam seien. Darüber, dass das leicht zu widerlegen ist, brauche ich nichts zu sagen. 

Argument 4 - Keine eigene Praxis (Fragwürdig)

Als weiteres Argument wird aufgeführt, dass der freie Mitarbeiter über keine eigene Betriebsstätte verfüge und gerade dies für eine Begründung zur Scheinselbstständigkeit herhalten kann. Doch es kann nicht als Argumentation herhalten. In anderen Branchen wird der freie Mitarbeiter als Freelancer bezeichnet und kann auch nicht mit einer eigenen Betriebsstätte aufwarten. Zudem ist der freie Mitarbeiter per Gesetz dazu angehalten, GKV-Patienten ausschließlich in zugelassenen Räumlichkeiten zu behandeln. Nicht ohne Grund wird von den Zulassungsstellen allerhand an Nachweisen verlangt und auf die Räumlichkeiten der Praxis begrenzt. Somit handelt es sich um eine Vorgabe der Krankenkassen. Bedeutender ist jedoch, dass das Argument der fehlenden Betriebsstätte nur eine Komponente von vielen darstellt. Unter der Gesamtwürdigung aller Umstände kann dieses Argument in den Hintergrund treten und wird entkräftet. 

Weitere Argumente (Widerlegbar)

Im Artikel wird erwähnt, dass der Praxisinhaber keine Sozialabgaben und Lohnfortzahlungen abführen zu müssen als Vorteil sieht. Dass diese Abgaben nicht vorhanden sein dürfen, sollte jedem bekannt sein. Doch der Urheber des Artikels stellt dies als eine mangelhafte soziale Verantwortung des Praxisinhabers dar. Wer selbstständig arbeiten möchte, ist sich dieser Umstände bewusst und entscheidet sich auch für diese bewusst. Kritischer sehe ich die Praxisinhaber, welche Angestellte mit unternehmerischen Risiken über Provisionsgehälter belasten und wie Selbstständige behandeln oder Leerzeiten durch Patientenausfälle vom Lohn abgezogen bekommen.

Fazit diesen Artikels!

Ich gebe dem Urheber in vielen Punkten recht. Doch eine freie Mitarbeiterschaft ist nicht unmöglich wie in dem Artikel vermittelt wird. Es ist die eklatante Ahnungslosigkeit unter den Praxisinhabern als auch den (zukünftigen) freien Mitarbeitern, dass die freie Mitarbeiterschaft derart risikobehaftet dastehen lässt. Es werden „Arbeitsverträge“ mit Scheinselbstständigen Inhalten gestaltet. In den Verträgen werden Stundenhonorare und Rezeptionsorganisation abgehandelt. Mit derartigen Konstellationen ist es leicht verständlich, dass sich immer wieder Gerichte mit Scheinselbstständigen Physiotherapeuten in freier Mitarbeiterschaft rumschlagen müssen. 

Ich kann nur empfehlen: Wer sich nicht mit der freien Mitarbeiterschaft richtig auseinandersetzt, sollte besser die Finger davon lassen. Denn das Risiko der Scheinselbstständigkeit steigt überproportional mit dem Unwissen.

Nachtrag! 

Erst vor kurzem wurde im Web ein Beitrag veröffentlicht, welcher auf reißerische Art das Aus der freien Mitarbeiterschaft verkündete. Auf Basis eines jüngsten Beschlusses berief der Verfasser, dass eine freie Mitarbeiterschaft nicht mehr möglich sei. Die Homepage besaß eine Kommentarfunktion in welcher selbiger seinen eigenen Artikel stark relativierte und die freie Mitarbeiterschaft noch immer als möglich und kaum durch diesen Beschluss tangiert sei. Der jüngste Beschluss zeigte mal wieder auf, dass viele Fehler gemacht wurden und die freie Mitarbeiterschaft durch die Einbindung in die Betriebsabläufe und Arbeiten auf Arbeitsanweisung mit der Vorgabe der Art, Taktung und Dauer der Behandlung, derart Kontaminiert werden können, dass eine freie Mitarbeiterschaft zur Scheinselbstständigkeit führt. 

Auch wurde in diesem Artikel das angeblich asoziale Verhalten von Praxisinhabern Thematisiert, die nichts anderes im Sinn haben als die Sozialabgaben des Angestellten einsparen zu wollen. Jeder der ein wenig rechnen kann, bemerkt sehr schnell, dass zwischen 50 bis 66 % des Umsatzes als Lohnkosten bei einem Angestellten betriebswirtschaftlich kalkuliert normal sind. Ein freier Mitarbeiter erhält üblicherweise 70 % des Umsatzes und ist somit teurer als ein Angestellter. Damit ist aber auch die Argumentation der asozialen Verhaltensweise der Praxisinhaber widerlegt. Ausgenommen natürlich jene Praxisinhaber die, auf Bewerbungen einer Angestelltentätigkeit, freie Mitarbeiterschaften „erzwingen“. In der Regel suchen Praxisinhaber gezielt nach freien Mitarbeitern oder freie Mitarbeiterschaften werden von dem Bewerber angestrebt. Denn es gibt sie, die Therapeuten welche Selbstständig sein wollen aber die Möglichkeit einer eigenen Praxis nicht haben. Gerade durch dem Umstand, dass sehr viele Immobilien, seit der neuesten Fassung der Rahmenvorgaben und Pflichtausstattung der Praxis, nicht tauglich sind. Letztendlich ist es ein einziger Passus, der rund 90% der Immobilen ins aus katapultiert.

Mein Buch kann dieses Unwissen beenden!

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